SCARY MONSTERS and NICE SPRITES - 29.3 - 24.4.2025 - Lenaugasse 6, 1080 Wien, Artisserie

Fotocredit: photo Art Collection Schlichtner
SCARY MONSTERS and NICE SPRITES
Phantasiewesen feiern in der Bildenden Kunst gerade ein Comeback und sind ein starkes Zeichen in schwierigen Zeiten.
Opening: Samstag 29.03.2025 / 18:00 – 22:00 Uhr / performances - DJs
Konzert: Samstag 05.04.2025 / 19:30 Uhr / by Alexander Zaloopin
Finissage: Donnerstag 24.04.2025 / 18:00 – 22:00 Uhr / electronic music performance WIC - Wave Improvisers Cluster
Öffnungszeiten: jeden Samstag 14:00-20:00 Uhr
Location: ARTISSERIE, Lenaugasse 6, 1080 Wien
Künstler:innen:
Christian Eisenberger | Julia Woronowicz | Ina Riegler | Oksana Zmiyevska | Julia Zöhrer | Oľga Paštéková | Moritz Polansky | Anton Herzl | Marco Prenninger | Anna Pelz | Clemens Stecher | Raqvia | Alfred Bow | Ana Vollwesen | FunkyFiona | Oskerhase | Krähenkind | Jakob Wächter | Lia Quirina | Halina | Der Wizard | Felice Gotthardt | Mishu | Julian Badstöber | Oleg Ustinov | Lyubov Kulik | Alexandar Peev | Norbert Unfug | Dr. Puck | Thomas Gegner | Adam Wiener | Michael Vonbank | | Hubert Schatz
Performances by Annette Tesarek | Frantschesko | Felice Gotthardt | Grillhendl Rotation Crew | Christian Eisenberger | Alexander Zaloopin | Daniel Mazanik | Djs
Immer wieder spielte die Frage, nach sich kontinuierlich ändernden Annahmen über „Realität“, des „Normalen“ und „des Imaginären“, des „Heterogenen“ eine Rolle. Wann wurde etwas Phantastisches als real empfunden und wann nicht mehr? Damit geht einher, dass eine phantastische Funktionalisierung erst dann möglich wird, wenn etwas bisher Reales plötzlich als unmöglich erscheint. Mit einer Verneinung, Verfremdung oder Unterwanderung können konstruierte Wirklichkeiten hinterfragt werden. Damit hat sich mit der zeitgenössischen Kunst die Funktion phantastischer Darstellung stark geändert, als früher doch abschreckende Kreaturen, Teufel usw. zur Aufrechterhaltung bestehender Herrschaftssysteme gedient haben. Heute sind die Erfindung von Gestalten und Strategien der Gestaltung viel unabhängiger von Erzählung, Funktionalisierung und Auftraggeber:innen auch wenn Bilder und Bildtraditionen sicher noch nachwirken. Die Regeln der Kombinierbarkeit des Unkombinierbaren werden immer wieder neu ausverhandelt, auch was die Wahrnehmung des Phantastischen anbelangt (Erheiterung oder Unbehagen). Somit wird das Unwirkliche immer wieder zur neuen Wirklichkeit, die Phantasie immer wieder zur neuen Vernunft.
KEYWORDS für die Kunstwerke, die Ausstellung und Kontextualisierungen
Phantasiewesen / Fabelwesen / Monster / süße Kreaturen / Masken / Phantasie-Tiere / sprechende Tiere / Drachen / Bestien / Kobolde / Feen / Nixen / Elementargeister / Dämonen / Geister / Naturgeister / Gebirgsgeister / Hausgeister/ Druckgeister / schwarze Drude / Trut / Schrat / Mischwesen / Hexen / Krampus / Perchten / Einzelgängerwesen / Mumie / Vampir / Werwolf / Zombie / Puppe / Kostüm / Wodan / Karikatur / Doppelgänger / Kannibalen / Roboter / Cyborgs / Mensch als Maschine / Künstlicher Mensch / Acephalus / Victor Frankenstein / Automaten und Androiden / Double / Körperdiskurse / Toleranz / Gender / Identität / Selbstbestimmung / Drag / Femme Fatal / Crossdressing / Rollenspiele / Prinz / Prinzessin / Wunsch / Begehren / Albtraum / Angst / Trauma / memento mori / Wunder / Unheimliches / Ekel / Erheiterung / Humor / Übernatürliches / Geburt / Tod / Totentanz / Geschichte / Ketzerei / Religion / Physiologus / Hermetik / Inquisition / Monade / Alchemie / Transzendenz / Metaphysik / Phantasy / Cyber / Mythen / Märchen / Sagen / Zauber / Magie / Träume / Kosmologie / Okkultismus / Spiritismus / Channeling / Seelenwanderung / Glaube / Reinkarnation / Realität / Fiktion / Urteilsvermögen / Vorstellungskraft / Erinnerung / phantasmata / Seelenlehre / Traumdeutung / Unmögliches versus Rationales / Gothic Castle / Fluch der Pharaonen / Science Fiction / Neues Biedermeier / Eskapismus / Posthumanismus / Digitaler Transhumanismus / Transhumanismus / Gentechnologie / Digitales Reich / Fake / Grenzen / Raum / Labyrinth / Metaverse / Kybernetik / Zeitreise / Parallelrealitäten / Passagen / Schwellen / Aberglaube / Horror / Utopie und Dystopie / Wunderblock / Allegorie / Symbole / Social Media / KI / Metaverse / Avartar / Trojanisches Pferd / Computerspiele /Welt als Konstrukt und mimesis / phantastische Weltkonstruktionen / Parallelwelt / Alchemie / Klone / Biotechnologie / Metamorphose / Simulacrum / Othering / Kategorien / Hybridität / Diversität / Third Space / Liminale Räume / Sekundärwelt / Center versus Periphery / Graf Dracula / Täter-Opfer-Umkehr / Stereotype / Rassismus / Sexismus / Bodyshaming / Lookism / Dysmorphophobie / Erinnerungskultur / Imperialismus und ethnologische Analysekategorien / Phantastische Reise / Exotismus / Orientalismus / Wolken- Schlamm- und Gesteinsbilder / Baumstrukturen / Mythologie / Bibel / Bestarien / Manierismus / Arcimboldo / Hieronymus Bosch / Trompe-l’œil / Rationalitäts- und Fortschrittsdiskurse / Romantik / Symbolismus / Futurismus / Surrealismus / Magischer Realismus / magico realismo / phantastischer Realismus / Tik-Tok of Oz / Nippon Animation / Manga / Bad Painting / Tattoo / Graffiti / Hyperrealismus / Optimismus
Der Titel unserer Ausstellung „Scary Monsters and Nice Sprites 2025“ stammt von der gleichnamigen Musik-EP von Skrillex, released 2010. Skrillex hat sie nach David Bowies Album „Scary Monsters (and Super Creeps) aus dem Jahr 1980 benannt.
Quellen und Literatur zur Phantastik:
Ovid / Dante Alighieri / Giordano Bruno / Honoré Daumier / Umberto Eco / Alfred Kubin / Franz Kafka / Jules Vernes / Alfred Jarry / Sigmund Freud / Rudolf Steiner / Carl Gustav Jung / Jacques Lancan / Slavoj Žižek / Michel Foucault / Jean-Paul Sartre / Italo Calvino / Tzvetan Todorov / Roger Caillois / Marcel Brion / Ann Redcliffe / Jane Austen / Mary Shelley / Geschwister Brontë / Dona Haraway / Judith Butler / Salman Rushdie / Philip K. Dicks / William Gibson / Marco Frenschkowski / Gabriel García Márquez / Niels Werber / Renate Lachmann / Wieland Schmied / Jurgis Baltrušaitis / Hans Holländer / Werner Hofmann / Roland Kanz / John Ronald Tolkien / Edward Said / Wilhelm Busch / Bram Stoker / Chaterine Crowe / Algernon Blackwood / Steven King / E.A. Poe / William Hope Hodgson / Honoré Daumier / Maria Nikolajeva / Lyman Frank Baum / Michael Ende/ Gustav Meyrink / … bitte gerne ergänzen …
Wissenschaftliche Ansätze zur Phantastik:
Diskursanaltytische Ansätze / poststrukturalistische und feministische Ansätze / postkolonialistsche Ansätze / medientheoretisch-psychoanalytische Ansätze / konstruktivistische Ansätze
Hans Richard Brittnacher (Hg.), Phantastik. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart 2013.
Hintergrundinformationen
Phantasiewesen feiern in der Bildenden Kunst gerade ein Comeback und sind ein starkes Zeichen in schwierigen Zeiten.
Immer wieder spielte die Frage, nach sich kontinuierlich ändernden Annahmen über „Realität“, des „Normalen“ und „des Imaginären“, des „Heterogenen“ eine Rolle. Wann wurde etwas Phantastisches als real empfunden und wann nicht mehr? Damit geht einher, dass eine phantastische Funktionalisierung erst dann möglich wird, wenn etwas bisher Reales plötzlich als unmöglich erscheint. Mit einer Verneinung, Verfremdung oder Unterwanderung können konstruierte Wirklichkeiten hinterfragt werden. Damit hat sich mit der zeitgenössischen Kunst die Funktion phantastischer Darstellung stark geändert, als früher doch abschreckende Kreaturen, Teufel usw. zur Aufrechterhaltung bestehender Herrschaftssysteme gedient haben. Heute sind die Erfindung von Gestalten und Strategien der Gestaltung viel unabhängiger von Erzählung, Funktionalisierung und Auftraggeber:innen auch wenn Bilder und Bildtraditionen sicher noch nachwirken. Die Regeln der Kombinierbarkeit des Unkombinierbaren werden immer wieder neu ausverhandelt, auch was die Wahrnehmung des Phantastischen anbelangt (Erheiterung oder Unbehagen). Somit wird das Unwirkliche immer wieder zur neuen Wirklichkeit, die Phantasie immer wieder zur neuen Vernunft.
Geschichtliche und kunsthistorische Aspekte:
Man kann sicher behaupten, dass, dass jede Kultur seine eigenen Phantasiewesen erzeugt. In einer Höhle auf der Schwäbischen Alb in Deutschland wurde die Abbildung eines 35-40.000 Jahre alten Löwenmenschen gefunden. Die griechische Antike brachte Medusa, die in ein Ungeheuer mit Flügeln und Schlangenhaaren verwandelt wurde und Pegasos, ein geflügeltes Pferd hervor. Oder Kyklopen, einäugige Riesen. Oft hatten diese Phantasiewesen besondere Fähigkeiten und Kräfte. Der frühchristliche Physiologus übernahm gewisse Fabelwesen aus der Antike, wie etwas den Vogel Phoenix, der dann später bei Harry Potter wieder auftauchte. Hier gab es auch schon Einhörner und Mischwesen. In den mittelalterlichen „Bestarien“, das sind Handschriften mit bildlichen Illuminationen, kamen Drachen vor. Mischwesen wurden leider sehr oft eine heidnische und negative Eigenschaften zugeschrieben. Die Wesen von heute haben aber verschiedenste Bedeutungen.
Phantasie. Aristoteles definierte das „Phantasma“ als ein von der Vorstellungskraft hervorgebrachtes Bild, unabhängig von einer Wahrnehmung.
Legende für Dämonen und Phantasiewesen ist Hieronymus Bosch (1450-1516). Es muss ihm großen Spaß gemacht haben, diese zu malen. Seine Darstellungen bleiben rätselhaft. Bekannt ist auch Giusseppe Arcimboldo (1526-1596).
Natürlich gab es auch in anderen Kulturen stets Fabelwesen. In China gab es Drachen, den neunschwänzigen Fuchs aber auch wieder den Vogel Phoenix. Bis heute finden wir Fabelwesen in Tempeln und Kirchen. Im frühen 20. Jh. erlangten Phantasiegestalten in der Kunst über den Surrealismus („über dem Realismus“) große Bedeutung. Traumhaftes, Unbewusstes, Absurdes und Phantastisches sind deren Merkmale. Sigmund Freud spielte hier eine große Rolle. Als Vorläufer gilt die metaphysische Malerei des Italieners Giorgio de Chirico, der das malte, was er mit geschlossenen Augen sah. Wie der Surrealismus wandte sich der Dadaismus der 1920er Jahre gegen das konservative Wertesystem, teils mit parodierenden und stark vereinfachten, „unsinnigen“ Darstellungen. Wir alle kennen die Wiener Schule des Phantastischen Realismus, die mit technischer Perfektion phantastisch-unwirkliche Kreationen und Kreaturen, teils auch mit mythologischen und religiösen Inhalten, hervorbrachte. Diese Kunst ist vielleicht ebenso als eine geistige Strömung gegen den Rationalismus der Moderne zu begreifen und hat die Bedürfnisse der Nachkriegszeit erfüllt. Bedürfnisse, die wir auch in unseren Zeiten, verstehen können.
Immer wieder spielte die Frage, nach sich kontinuierlich ändernden Annahmen über „Realität“, des „Normalen“ und „des Imaginären“, des „Heterogenen“ eine Rolle. Was ist wann möglich oder unmöglich? Wann wurde etwas Phantastisches als real empfunden und wann das Reale als phantastisch? Damit geht einher, dass eine phantastische Funktionalisierung erst dann möglich wird, wenn etwas bisher Reales plötzlich als unmöglich erscheint. Gesellschaftliche und politische Umbrüche spielen hier eine besonders große Rolle. Mit einer Verneinung, Verfremdung oder Unterwanderung können konstruierte Wirklichkeiten kritisch reflektiert und hinterfragt werden.
Die Phantastik wurde auch von feministischen Perspektiven aufgegriffen, stellt sie doch eine Möglichkeit dar, patriarchale Wirklichkeiten mit der Kunst in Frage zu stellen. Im queeren Kunstfeld spielt die Phantasie im Rahmen des Drag eine besonders wichtige Rolle. In postkolonialen Ansätzen werden stereotype Vorstellungen und Darstellungen hinsichtlich „fremder“ Kulturen mit den Begriffen „Orientalismus“ und „Exotismus“ thematisiert. Das „Fremde“ und „Orientalische“ wurde verbunden mit eigenen Wunschvorstellungen und Projektionen phantasievoll und oft auch marginalisierend dargestellt.
Letztendlich leben wir in der Zeit der Contemporary Art, wo in der Kunst alles erlaubt ist und scheint. Aber seit einigen Jahren kann man auch vom Post-Contemporary sprechen, wo Themen wie Rasse, Klasse, Geschlecht, und Kunst in Verbindung mit Klimawandel, Kapitalismus und Kolonialismus besprochen werden, was auch auf Biennalen und den Documentae in Kassel zu sehen war.