Begi Guggenheim ////////////// "works 2006-2020"

Fotocredit: Photo by Art Collection Schlichtner

Die Art Collection Schlichtner begrüßt den Bildhauer Begi Guggenheim und widmet ihm die erste hier durchgeführte Ausstellung. Wir befinden uns... 

...mitten in der Corona Krise, zahlreiche Galerien stellen gezwungenermaßen gerade auf eine verstärkte Onlinepräsenz um. Diese Umstände haben uns nun motiviert, selbst eine Ausstellung zu organisieren und zwar ausschließlich online -  denn wir wollen die Künstler, die sich in unserer Sammlung befinden damit nicht nur unterstützen sondern auch anspornen, gerade jetzt nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern Initiative zu zeigen. Die Art Collection Schlichtner zeigt nun erstmals eine Ausstellung. Die Arbeit zur Vorbereitung beinhaltet die Erstellung zweier Videos, die auf unserem YouTube Kanal zu sehen sind, die Produktion von Fotos und Texten. Bereits 2019 arbeitete die Art Collection Schlichtner mit Begi Guggenheim bei der Erstellung von Texten für sein Nachhaltigkeits-Projekt "Die Quälle - Mastigias" im Wiener Öffentlichen Raum zusammen.

Die Art Collection Schlichtner besitzt seit 2017 Werke des  Künstlers Beggi Guggenheim und zwar zwei Skulpturen - Nofretetetiti und Elektromüll Afrika - und einige Zeichnungen. Auf den Künstler aufmerksam wurde die Art Collection durch Christian Eisenberger und zu einem ersten Treffen kam es anlässlich der Einweihung des Kunstwerks "An die Freude" in der Zahnradbahnstraße 17a, 1190 Wien. Hier machte Begi Guggenheim Kunst am Bau für die Raiffeisen Leasing GmbH, kuratiert von Alexandra Grubeck. Der Titel dieses Werks bezieht sich auf ein Gedicht Friedrich Schillers, welches später von Ludwig van Beethoven in seiner Symphonie Nr. 9 Verwendung fand. Der Ort für die Aufstellung dieser Skulptur konnte nicht besser gewählt werden, steht sie doch ganz in der Nähe des Beethovengangs, dem bevorzugten Spazierweg des Komponisten.

Aufgrund solcher Aktivitäten  entstand nicht nur eine Künstler-Sammler-Beziehung sondern auch eine Freundschaft. 

Im Zentrum dieser Ausstellung befinden sich sowohl alte, neue und im Entstehen befindliche Werke. Man könnte es fast als eine erweiterte Retrospektive bezeichnen. Wir können sowohl die Arbeiten, die sich in der Sammlung befinden zeigen, nämlich "Nofretetiti" und "Elektromüll Afrika" und drei Zeichnungen, als auch Werke, die bis in das Jahr 2006 zurückzudatieren sind, zwei Werke, die noch während der Studienzeit an der Akademie der bildenden Künste entstanden sind. Fast all hier zu sehenden Werke befinden sich in österreichischen Privatsammlungen.

Ein Blick ins Atelier zeigt, woran Begi Guggenheim gerade arbeitet. Einerseits wurde gerade die Covid 19 Arbeit fertiggestellt, eine Arbeit mit Maulkorb und Klebeband. Andererseits entsteht gerade der "Runner", eine Plastik, die einen Läufer zeigt, der gerade einen Schritt macht. Dann zeigen wir eine Arbeit, die 2018 in Wien und in Feldbach entstanden ist, es handelt sich hier um die Dokumentation eines Gussprojekts für einen Sammler. Wir konnten den gesamten Herstellungsprozess dokumentieren, vom Wachsmodell bis zum gefassten Guss. Wir waren damals vor Ort.

Wenn man Begi Guggenheims Arbeiten betrachtet, sieht man spontan zwei Dinge: die Verwendung von Alltagsgegenständen als Arbeitsmaterial und biomorphe Formen. Und des Künstlers Hauptinteresse ist es, harmonische Arbeiten zu schaffen. Man muss immer bedenken, das es sich in der Bildhauerei bzw. in der Objektkunst um dreidimensionale Objekte handelt, die von allen Seiten betrachtet werden können. Hinzu kommt ein aufwändiger Arbeitsprozess, der im Extrembeispiel eines Bronze- oder Aluminiumgusses auch arbeitsteilig sein kann. Grundlegend sind neben Idee und Skizze ein Gerüst und diverse Arbeitsmaterialien notwendig, wie die bereits erwähnten Alltagsgegenstände aber auch Gips, Plastilin, Kupferdraht und alles Mögliche und Weitere. Bohren und Schweißen gehören zu normalen Tätigkeiten. Jedenfalls ist das Faszinierende dabei, dass nach so viel Krafteinsatz und Mühe nicht nur Kraftvolles sondern auch etwas Subtiles daraus hervorgehen kann. Strotzt der Aluminiumguss "An die Freude" in der Zahnradbahnstrasse 17a voller Kraft, so erkennt man in "Phobie" auch zartere und verletzlichere Formen. Beide Arbeiten entstanden 2016. Der Künstler beschäftigt sich vor allem mit den Problemen der Komposition und Harmonie. Aber auch andere Fragestellungen sind wichtig. Entstehen manche Sujets erst während des Schaffensprozesses, so wie bei "Nofretetetiti" und "Elektromüll Afrika", so sind andere Arbeiten von vornherein geplant. Hervorzuheben ist hier die Arbeit "Die Quälle - Mastigias", welche ein Modell für ein besonders wichtiges Nachhaltigkeitsprojekt darstellt, welches nun leider durch die Coronakrise "selbst in die Krise gekommen ist". In der Realität wäre die riesigen Kunstinstallation (12 Meter Länge, 6 Meter Höhe und bis zu 5 Meter Tiefe) von Bezirk zu Bezirk gewandert und Schüler und Jugendliche hätten es bepflanzt und betreut und so den Umgang mit Ressourcen  und Eigenverantwortung erlernt. Die "Quälle" stellt sozusagen eine Metapher für die Bedrohung des Klimawandels und die daraus drohenden Qualen dar aber auch den Hinweis, dass eben der Ursprung - die Quelle des Lebens - die Natur selbst ist. 

In den Arbeiten Begi Guggenheims spielt auch immer die Bewegung eine besondere Rolle. Betrachtet man das Modell zur "Quälle" oder den "Runner" so erkennt man das deutlich. Die ausgewählten Materialien wie Fundstücke und Alltagsgegenstände schlussendlich sind damit zu erklären, dass sie  einerseits günstig in der Anschaffung sind und  andererseits sich oft einfach bloß gut und praktisch in das Gesamtbild einfügen, deshalb landet auch gerne mal ein Topf, eine Lampe oder ein TV-Bildschirm anstelle eines Kopfes der Plastik. Selbst bestehende Kunstwerke werden recycelt, neu interpretiert und modernisiert, siehe "Elektromüll Afrika". Hier wurde eine bestehende afrikanische Skulptur dekonstruiert und überarbeitet.

Nicht jede Idee wird zur Skulptur bzw. Plastik. Manche werden einfach zu schönen Zeichnungen, in welchen einem Skulptur- und Architekturmodelle recht plastisch entgegenkommen. Manche hier gezeichneten Formen finden sich dann aber später tatsächlich in den dreidimensionalen Objekten wider sowie auch die kontrastreichen Farben und die Skizze wird zum disegno.

Begi Guggenheims Arbeiten befinden sich durchwegs in guten österreichischen Privatsammlungen, und so freut es uns besonders, diesen Künstler ein Stück seines Schaffenslebens begleiten zu dürfen. Einiges ist noch zu tun, so fehlen noch Fotos einiger Werke, die sich in Privatbesitz befinden und durch die Coronakrise nicht beschafft werden konnten bzw. von denen die Veröffentlichungsrechte noch ausständig sind. Wir holen das so bald wie möglich nach und können uns bereits jetzt darauf freuen. Auf unserem YouTube Kanal findet ihr übrigens zwei Videos, einmal ist Begi Guggenheim bei der Arbeit im Atelier zu beobachten, ein anderes Mal werden die Aufnahmen der Arbeiten schön aneinandergereiht gezeigt. 

Nun aber viel Vergnügen mit dem hier Gezeigten!

Andreas Schlichtner, Wien, 24. Mai 2020. Art Collection Schlichtner